EWR 22 (2023), Nr. 4 (Oktober)

Ruben Vanderlinde / Kari Smith / Jean Murray / Mieke Lunenberg (Hrsg.)
Teacher educators and their professional development
Learning from the past, looking to the future
Oxon & New York: Routledge 2021
(177 S.; ISBN 978-0-367-48034-9; 149,59 EUR)
Teacher educators and their professional development „The book conceptualises teacher educators’ professional development in order to deepen understanding of how and why learning occurs […].“ Diese von den Herausgeber:innen im Umschlag genannte Ausrichtung des Sammelbandes legt eine Rezension aus Perspektive der Weiterbildungsforschung nahe.

Der Sammelband, der die Erträge eines mehrjährigen ERASMUS+ geförderten Projektes zur Sichtbarmachung und Stärkung der professionellen Weiterentwicklung von Lehrkräftebildner:innen [1] – Personen, die Lehrer:innen aus- und fortbilden –darstellt, nimmt die Professionalisierung und das berufliche Lernen dieser Berufsgruppe in den Blick. Dabei stehen die aktuell relevante Forschung in diesem Feld, Erkenntnisse aus vergangenen berufspraktischen Initiativen sowie Möglichkeiten, die Professionalisierung von Lehrkräftebildner:innen künftig zu fördern, im Mittelpunkt. Die Herausgeber:innen stellen dabei den Anspruch, Erkenntnisse der internationalen Forschung zur Lehrkräftebildung zusammenzutragen und deren Relevanz sowohl für Forschende als auch für Praktiker:innen in diesem Sammelband darzulegen. Was ist über die Professionalisierung von Lehrkräftebildner:innen bekannt? Welche Lernbedürfnisse hat diese Berufsgruppe? Wie kann berufliches Lernen für Lehrkräftebildner:innen professionell gestaltet werden? Diesen und weiteren Fragen widmen sich die dreizehn Beiträge. Beschreibungen, wer Lehrkräftebildner:innen sind, welche Erwartungen an ihr berufliches Handeln geknüpft werden und wie ihre professionelle Entwicklung erfolgt, bilden dabei das Herzstück der Veröffentlichung.

Die Herausgeber:innen, die selbst Lehrkräftebildner:innen sind, ermuntern die Leser:innen dazu, sie auf ihrer Reise durch Beiträge von über zwanzig Forschenden aus fünf europäischen Ländern – Belgien, Irland, die Niederlande, Norwegen sowie Schottland und England – und darüber hinaus aus Australien, Israel und den USA zu begleiten. Die 13 Beiträge führen von einer Beschreibung der Lehrkräftebildner:innen als heterogene Berufsgruppe, die beispielsweise Dozierende an Universitäten oder Mentor:innen an Schulen umfasst, über ihre Professionalisierung, Lernbedürfnisse, Wissensbestände hin zu aktuellen und zukünftigen Herausforderungen und Chancen in der Gestaltung von beruflichem Lernen für Lehrkräftebildner:innen. Mit dieser gewählten Strukturierung des Sammelbandes folgen die Herausgeber:innen einer inhaltlichen Logik, die dem Untertitel des Buches gerecht wird: „Learning from the past, looking to the future“.

Eine kurze Illustration der wesentlichsten Beitragsinhalte erscheint an dieser Stelle sinnvoll, bevor dann ausgewählte Beiträge näher erläutert werden.

Im ersten Beitrag von Jean Murray, Kari Smith, Ruben Vanderlinde und Mieke Lunenberg steht die Berufsgruppe der Lehrkräftebildner:innen mit ihrer Heterogenität im Fokus. Es wird ausgeführt, welche Rollen die professionellen Akteur:innen in ihrem Tun einnehmen, warum diese Berufsgruppe seit einiger Zeit vermehrt die Aufmerksamkeit von Forschenden erhält und wie das „International Forum for Teacher Educator Development“ (InFo-TED) als ein internationales Projekt, mit der Absicht, die Zusammenarbeit von Lehrkräftebildner:innen zu stärken und ihre professionelle Entwicklung zu fördern, zum Wissensbestand über die Professionalisierung von Lehrkräftebildner:innen beiträgt.

Im zweiten Beitrag von Eline Vanassche, Geert Kelchtermans, Ruben Vanderlinde und Kari Smith wird ein konzeptionelles Modell vorgestellt, das einen Zugang zur professionellen Entwicklung von Lehrkräftebildner:innen beschreibt, indem von einem „practice-based approach“ (19) ausgegangen wird. Damit ist die Annahme verbunden, dass Expertise in der Praxis gelebt wird. Das Modell greift folglich den Diskurs zur Professionalität in der Lehrkräftebildung auf und positioniert sich im Sinne des „enacted professionalism“ (19) mit kritischer Distanz zum „demanded professionalism“ (18), der von einer vordefinierten professionellen Handlungskompetenz ausgeht, die an Lehrkräftebildner:innen herangetragen wird.

Der dritte Beitrag von Gerry Czerniawski, Ann MacPhail, Marit Ulvik, Ainat Guberman, Helma Oolbekkink-Marchand und Yvonne Bain rückt Lernbedürfnisse von Lehrkräftebildner:innen in den Mittelpunkt, die im Rahmen einer Mixed-Methods-Studie mit insgesamt 1.158 Teilnehmenden aus Belgien, Irland, den Niederlanden, Norwegen sowie Schottland und England erhoben wurden. Lernbedürfnisse in drei großen Bereichen konnten identifiziert werden: das eigene Lehren und Lernen weiterzuentwickeln, die Forschungs- und Schreibkompetenz auszubauen und die Zusammenarbeit untereinander zu stärken. Die Ergebnisse weisen damit sowohl Bedürfnisse nach formalen Lerngelegenheiten als auch nach mehr informellem Lernen aus. Ein Zusammendenken beider Bereiche erscheint für die Gestaltung des beruflichen Lernens von Lehrkräftebildner:innen essentiell.

Der vierte (Amanda Berry), der siebente (Kazuhiro Kusahara und Shotaro Iwata) und der zehnte Beitrag (Frances Rust) können unter der Rubrik „Exkurs“ zusammengefasst werden. Hier werden Einblicke von Lehrkräftebildner:innen aus Australien, Japan und den USA gegeben, um ihre Professionalisierungsprozesse und die diesbezüglichen Rahmenbedingungen in den einzelnen Ländern nachvollziehen zu können.

Die Beiträge fünf (Hanne Tack, Ruben Vanderlinde, Yvonne Bain, Warren Kidd, Mary O’Sullivan und Amber Walraven), sechs (Mieke Lunenberg und Jurriën Dengerink), acht (Helma Oolbekkink-Marchand, Paulien C. Meijer und Mieke Lunenberg), neun (Ainat Guberman, Ann MacPhail, Marit Ulvik und Helma Oolbekkink-Marchand) und elf (Jean Murray, Warren Kidd, Bregje de Vries, Andrea McMahon und Sheeba Viswarajan) umfassen Beschreibungen, wie das berufliche Lernen von Lehrkräftebildner:innen gefördert werden kann. Beispielsweise werden Prinzipien zur Umsetzung von Professionalisierungsmaßnahmen erläutert, die Herstellung gemeinsamer Wissensbestände in der Arbeit als Lehrkräftebildner:in als wesentlicher Baustein professioneller Entwicklung betont sowie eine Sommerschule als konkretes Lernangebot für Lehrkräftebildner:innen beschrieben. Darüber hinaus werden exemplarisch berufliche Werdegänge von Lehrkräftebildner:innen analysiert und Möglichkeiten von nachhaltigem Lernen am Arbeitsplatz, wie beispielsweise die Formierung von Communities of Practice, diskutiert. Diese Inhalte erscheinen vor dem Hintergrund einer unzureichenden Befundlage zur Professionalisierung von Lehrkräftebildner:innen (auch im deutschsprachigen Raum) besonders zentral.

Den Abschluss des Sammelbandes bilden die Beiträge zwölf (Jean Murray, Ann MacPhail, Paulien C. Meijer, Helma Oolbekkink-Marchand, Marit Ulvik und Ainat Guberman) und dreizehn (Ruben Vanderlinde, Kari Smith, Jean Murray und Mieke Lunenberg), die eine Zusammenschau der bisherigen Erkenntnisse vornehmen und im Sinne von „Looking to the Future“ (158) weiterführende forschungsrelevante Fragen aufwerfen. Es wird ein Fokus darauf gelegt, wie die internationale Perspektive auf das Thema auf die jeweils nationale Ebene eines Landes übertragen werden kann und welche Herausforderungen sowie Chancen sich für die Professionalisierung von Lehrkräftebildner:innen in Zukunft ergeben können. Als ein Desiderat wird die Beschäftigung mit „school-based teacher educators“ (159) genannt, die noch wenig Beachtung im Zusammenhang mit beruflichem Lernen gefunden haben. Außerdem erwähnen die Autor:innen Ansätze wie die „storyline method“ (161) oder auch „design-based research“ (162) als notwendige innovative Forschungsmethoden für das Feld der Lehrkräftebildung. Damit einher geht eine Formulierung wesentlicher Themen, die im Forschungsfeld zentral erscheinen und in den nächsten Jahren im Sinne einer „integrated research agenda“ (162) adressiert werden sollten. Letztlich weisen die Autor:innen darauf hin, dass Aspekte wie Diversität, soziale Gerechtigkeit oder auch Inklusion in der Lehrkräftebildung ebenso wie das digitale Lernen mehr Platz finden müssen und stellen Bezüge zur von InFo-TED erstellten Website her, die unter anderem zentrale Wissensbausteine für diese Berufsgruppe zusammenträgt.

Nachfolgend werden einige Beiträge des Sammelbandes aus Perspektive der Weiterbildungsforschung genauer besprochen. Eine solche Betrachtung erscheint lohnend, da Professionalisierung über das gesamte Berufsleben hinweg professionelles pädagogisches Handeln vor dem Hintergrund stetigen Wandels ermöglicht.
Hanne Tack und Kolleg:innen untersuchen im fünften Beitrag des Buches mit dem Titel „Learning and design principles for teacher educators’ professional development” wie berufliches Lernen für Lehrkräftebildner:innen gestaltet werden kann. Sie sprechen davon, dass diese Berufsgruppe nicht gänzlich mit ihren Lernerfahrungen zufrieden ist und verweisen dabei auf die empirische Studie, die in Beitrag drei des Bandes dargelegt ist. Diese zeigt unter anderem, dass Lehrkräftebildner:innen keine Induktionsphase durchlaufen, viele verschiedene Rollen in ihrem beruflichen Handeln einnehmen müssen und dabei hohe Anforderungen zu erfüllen haben. All diese Aspekte verlangen nach mehr Möglichkeiten für die eigene Weiterentwicklung im Beruf und erfordern einen genaueren Blick auf Prinzipien, die bei der Konzeption von Lernaktivitäten für Lehrkräftebildner:innen zu beachten sind. Insgesamt werden zwölf Leitlinien zur Gestaltung des beruflichen Lernens beschrieben, beispielsweise „full ownership of their own learning pathway” (53), was bedeutet, dass Lehrkräftebildner:innen ihren Lernprozess aktiv mitgestalten und dabei Angebote brauchen, die ihren Bedürfnissen sowie Interessen entsprechen.

Die Gestaltungsprinzipien für Lernaktivitäten werden im sechsten Beitrag „Designing knowledge bases for teacher educators“ von Mieke Lunenberg und Jurriën Dengerink aufgegriffen. Hier wird deutlich, welchen Zweck die Herstellung gemeinsamer Wissensbestände im Rahmen der Professionalisierung von Lehrkräftebildner:innen erfüllen kann, nämlich die Unterstützung bei der komplexen professionellen Ausübung der eigenen Tätigkeit. Auf Basis internationaler Forschungserkenntnisse wurden von InFo-TED sogenannte „building blocks“ erstellt, die unter anderem Themen wie „How I teach is the message“ oder „Social change“ aufgreifen (74). Damit wird ein Referenzrahmen für professionelles Handeln geschaffen, der die Besonderheit dieser Berufsgruppe verdeutlicht – das Agieren auf der inhaltlichen Ebene von Schule einerseits und auf Ebene von Lehrkräfteausbildung und Lehrkräftefortbildung andererseits. Diese spezielle Form von Professionalität macht eine Wissensbasis notwendig, die eine Verbesserung von individueller sowie kollektiver Praxis zum Ziel hat.

Beitrag acht, der von Helma Oolbekkink-Marchand und Kolleginnen verfasst wurde, stellt eine konkrete Initiative zur Förderung beruflichen Lernens von erfahrenen Lehrkräftebildner:innen vor – eine internationale Sommerschule. Ziel dieser Sommerschule war die Formierung von kollegialen Netzwerken und eine Ermöglichung individueller sowie kollektiver Reflexion. Der Fokus lag speziell auf der professionellen Weiterentwicklung als Lehrkräftefortbildner:in, die durch die „storyline technique“ (96) anvisiert wurde. Aufgrund der positiven Erfahrungsberichte der Teilnehmenden sind zukünftig weitere Sommerschulen dieser Art seitens InFo-TED geplant.

Inhaltlich eröffnet der Sammelband einen interessanten Blick auf die Professionalisierung von Lehrkräftebildner:innen. Kollektive Wissensbestände, informelles Lernen, Reflexionen und kollegialer Austausch werden als bedeutsam hervorgehoben. Dies sind auch Themen der Professionalisierung anderer pädagogischer Berufsgruppen.

Als eine Stärke des Bandes ist seine Reichhaltigkeit zu nennen. In gebotener Kürze werden vielfältige Aspekte der Professionalisierung von Lehrkräftebildner:innen thematisiert. Den Autor:innen gelingt eine Zusammenschau sowie die relevante Erweiterung des aktuellen Wissensstandes zum beruflichen Lernen dieser Berufsgruppe: Über die Konzeption von qualitativ hochwertigen Aus- und Fortbildungsveranstaltungen für Lehrpersonen ist bereits einiges bekannt. Kompetenzen, Praktiken, das eigene Rollen- oder Identitätsverständnis von Lehrkräftebildner:innen sind im Vergleich dazu eher wenig erforscht. Speziell Erkenntnisse zum Lernen dieser Berufsgruppe stehen noch am Beginn. In diesem Zusammenhang liefert vorliegender Sammelband wertvolle Einblicke in internationale Forschung und berufspraktische Initiativen. Darüber hinaus geben auch die Designprinzipien für die Gestaltung beruflichen Lernens von Lehrkräftebildner:innen Impulse für die Weiterentwicklung des Feldes. Die Autor:innen lassen in den Beiträgen theoretische Erkenntnisse zur Professionalisierung von Lehrkräftebildner:innen und Schilderungen der Arbeit von InFo-TED ineinander fließen. Auf diese Weise wird das Lernen der Berufsgruppe vorstellbar sowie der Beitrag zur Generierung einer gemeinsamen Wissensbasis für Lehrkräftebildner:innen deutlich.

Am Schluss sprechen die Herausgeber:innen eine Einladung zur länderübergreifenden Zusammenarbeit aus, um die Lehrkräftebildner:innen weiterhin im Zentrum öffentlicher Diskussionen im Bildungssystem zu halten. Das Buch selbst entspricht dieser Idee und erfüllt damit die eingangs definierten Ansprüche, Erkenntnisse der internationalen Forschung zur Lehrkräftebildung zusammenzutragen und deren Relevanz sowohl für Forschende als auch für Praktiker:innen aufzuzeigen. Offen bleibt, ob eine globale Zusammenarbeit, wie sie am Ende von den Herausgeber:innen angesprochen wird, realisierbar ist. Für die Adressierung vorliegender Forschungsdesiderata wäre dies jedenfalls wünschenswert.

[1] Die Herausgeber:innen nehmen Bezug auf einen Bericht der Europäischen Kommission mit dem Titel „Supporting Teacher Educators for better learning outcomes“. In diesem Bericht der Thematic Working Group “Teacher Professional Development” werden Lehrkräftebildner:innen wie folgt definiert: „Teacher Educators are all those who actively facilitate the (formal) learning of student teachers and teachers” (8). Vgl. European Commission. (2013). Supporting Teacher Educators. for better learning outcomes. https://clarekosnik.files.wordpress.com/2014/12/european-commision-on-tchr-ed.pdf.
Sarah-Maria Rotschnig (Klagenfurt)
Zur Zitierweise der Rezension:
Sarah-Maria Rotschnig: Rezension von: Vanderlinde, Ruben / Smith, Kari / Murray, Jean / Lunenberg, Mieke (Hg.): Teacher educators and their professional development, Learning from the past, looking to the future. Oxon & New York: Routledge 2021. In: EWR 22 (2023), Nr. 4 (Veröffentlicht am 20.10.2023), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/978036748034.html